Rekonstruktion von Beständen
aus Änderung auf Bestand schließen
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Überblick
Schau dir das folgende Beispiel an:
Paul steht auf einem $20~\text{m}$ hohen Turm und lässt einen Ball fallen. Die Geschwindigkeit, mit der dieser Ball fällt, ist bekannt. Sie ist gegeben durch die Funktion $v$ mit $v(t)=g\cdot t$ mit der konstanten Beschleunigung $g=9,81~\frac{\text{m}}{\text{s}^{2}}$. Paul fragt sich nun, in welcher Höhe sich der Ball nach einer Sekunde befindet oder zum Beispiel auch, wann der Ball auf dem Boden auftrifft.
Stark vereinfacht gesagt kannst du die nun folgende Fragestellung so formulieren:
- Wenn du einen Bestand kennst und wissen möchtest, wie sich dieser ändert, betrachtest du die mittlere Änderungsrate oder auch die lokale Änderungsrate. Die lokale Änderungsrate entspricht der ersten Ableitung der Bestandsfunktion an einer gegebenen Stelle. In diesem Fall musst du also ableiten. Der mathematische Fachbegriff hierfür lautet differenzieren.
- Umgekehrt bedeutet dies: Wenn du von einer Änderungsrate zurück zum Bestand, genauer der Bestandsfunktion kommen möchtest, musst du integrieren.
Es ist also gut, wenn du schon weißt, was integrieren bedeutet: Du suchst zu einer gegebenen Funktion $f$ eine Stammfunktion $F$, für welche gilt: $F'=f$.
Beispiel: Pauls Ball
Wir schauen uns nun noch einmal das einführende Beispiel an. Bekannt ist die Geschwindigkeit, also die Änderung des Bestandes, $v$ mit $v(t)=g\cdot t$.
Verwende die Potenzregel der Integration zur Bestimmung einer Stammfunktion. So erhältst du $s(t)=\frac12\cdot g\cdot t^{2}+C$. Dabei ist $C$ die sogenannte Integrationskonstante. $s(t)$ gibt den zurückgelegten Weg in Metern pro $t$ Sekunden an. Da der Ball genau in dem Moment, in welchem Paul ihn loslässt ($t=0$), noch keinen Weg ($s(0)=0$) zurückgelegt hat, gilt hier $C=0$.
Insgesamt erhältst du somit die Bestandsfunktion $s$:
$s(t)=4,905\cdot t^{2}$
Nun kann es losgehen:
In welcher Höhe befindet sich der Ball nach einer Sekunde?
Setze $t=1$ in die Funktionsgleichung ein. So erhältst du $s(1)=4,905$. Das bedeutet, dass der Ball sich nach einer Sekunde in der Höhe $h=20~\text{m}-4,905~\text{m}=15,095~\text{m}$ befindet.
Wann trifft der Ball auf dem Boden auf?
Gesucht ist also $t$, sodass $s(t)=20$ gilt. Du musst nun die Gleichung $4,905\cdot t^{2}=20$ lösen.
- Dividiere durch $4,905$ zu $t^{2}\approx 4,077$.
- Ziehe nun die Wurzel. Da $t\gt 0$ ist, folgt damit $t\approx 2$.
Nach ungefähr zwei Sekunden trifft der Ball auf dem Boden auf.
Beispiel: Befüllen eines Glases
Beim Münchener Oktoberfest wird ein anfangs leerer Maßkrug in einer Minute gefüllt.
Die Änderung des Bestandes ist in diesem Beispiel die momentane Zuflussrate des Getränkes in $\frac{\text{ml}}{\text{s}}$. Diese ist gegeben durch die Funktion $z$:
$z(t)=-\frac{1}{3600}t^{3}+\frac{1}{40}t^2$
Dabei steht $t$ für die Zeit in Sekunden.
Wie viele Milliliter des Getränkes befinden sich nach einer Minute in dem Maßkrug?
Du siehst, dies ist wieder eine Aufgabe zur Rekonstruktion von Beständen. Du kennst die Änderungsrate, jedoch nicht den Bestand. Erinnere dich, du musst nun integrieren.
Du suchst also eine Funktion $h$, für die gilt $h'(t)=z(t)$. Dabei gilt $h(0)=0$, da der Maßkrug anfangs leer ist.
Wieder suchst du nach einer Stammfunktion, also $h$:
$h(t)=-\frac{1}{14400}t^{4}+\frac{1}{120}t^3+C$
Wie bereits erwähnt, ist $C=0$. Eine Minute entspricht $60$ Sekunden. Setze nun $t=60$ in die Funktionsgleichung ein:
$h(60)=-\frac{1}{14400}60^{4}+\frac{1}{120}60^3=900$
Da die Maßeinheit $\text{ml}$ ist, bedeutet dies, dass sich bereits $900~\text{ml}$ des Getränks in dem Krug befinden. Er ist also bald voll. In einen Maßkrug passt nämlich genau ein Liter.
Übrigens: Anstatt $h(60)$ zu berechnen, kannst du auch das folgende bestimmte Integral berechnen:
$\int\limits_0^{60} \left(-\frac{1}{3600}t^{3}+\frac{1}{40}t^2\right)~dt=900$
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