„Die Marquise von O....“ – Personenkonstellation (Kleist)
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Grundlagen zum Thema „Die Marquise von O....“ – Personenkonstellation (Kleist)
Wer ist strategisch, wer verstellt sich? In diesem Video lernst Du die Figuren in der Novelle "Die Marquise von O...." kennen. Du wirst ihre Beziehungen untereinander, ihren Charakter und ihre Handlungsmotivation verstehen. Dabei spielt das Bild der bürgerlichen Familie eine nicht unwichtige Rolle, denn fast alle Personen der Novelle gehören zu einer Familie.
Transkript „Die Marquise von O....“ – Personenkonstellation (Kleist)
Heinrich von Kleist: Die Marquise von O. - Personenkonstellation
Vater, Mutter, Kind. Das Idealbild einer bürgerlichen Familie. Diese Rangfolge spiegelt zugleich eine gesellschaftliche Hierarchie wieder.
Das Figurenensemble der Novelle beschränkt sich im Wesentlichen auf die Angehörigen einer Familie. Nur Graf F... steht außerhalb und dringt in die Familie ein.
Kleist ist mit diesen Dramen, mit den Lastern des Adells beschäftigen, bestens vertraut. Er wäre nicht Kleist, wenn er diese Hierarchie nicht karikieren und entlarven würde.
Die Hauptperson, die Marquise von O..., wird vor allem durch ihre gesellschaftliche Rolle charakterisiert: Sie ist eine “Dame von vortrefflichen Ruf” und die Mutter von “zwei wohlerzogenen Kindern”. Ihren Status hat sie durch den verstorbenen Ehemann erhalten. Seit dessen Tod lebt die Marquise Julietta wieder bei ihren Eltern, von denen sie abhängig ist. Sie beschäftigt sich mit Kunst und Lesen sowie der Erziehung ihrer Kinder.
Der Wunsch, nicht noch einmal zu heiraten, scheint eher von dem Vater auszugehen - auch sonst hört die Marquise sich erstmal die Meinung des Familienoberhaupt an, so zum Beispiel beim Heiratsantrag des Grafen.
Sie ist vor allem auf ihren guten Ruf bedacht. So zeigt sie sich entrüstet über die angebliche Beleidigung des Arztes, sie könne schwanger sei. Sie hat Angst vor der Bestrafung der Eltern, denn ein Verstoß bedeutet für sie den Verlust des ökonomischen und rechtlichen Schutzes. Dazu kommen die sozialen Konsequenzen einer unehelichen Schwangerschaft. Obwohl die Mutter ihr wohl den Fehltritt verzeihen würde, beharrt die Marquise auf ihrer Unwissenheit.
Sie verlässt auf Forderung der Eltern das Haus, ihre Töchter aber nimmt sie mit - ein Schritt in Richtung mehr Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung. Gleichzeitig flüchtet sie sich in die metaphysische Wahnvorstellungen, das Kind sei ein Geschenk Gottes, was ihr aber nur als Trost und zur Selbsterhaltung dient.
Eigentlich will sie sich aus der Gesellschaft zurückziehen, dann aber wagt sie den Schritt in die Öffentlichkeit - anscheinend aus Rücksicht auf ihre Familie und damit das Kind kein „Schandfleck in der bürgerlichen Gesellschaft” werde. Genau in dem Moment unterwirft die Marquise sich wieder den alten patriarchalischen Strukturen. Ihr Denken und Handeln ist auch sonst widersprüchlich: Einerseits bezeichnet sie ihr ungeborenes Kind als göttlich, andererseits den unbekannten Vater als “Auswurf seiner Gattung”.
Mit dem Ausruf “Ich will nichts wissen” gegenüber dem Grafen gibt die Marquise zu, zumindest etwas zu ahnen. Obwohl sie versprochen hat, den unbekannten Vater zu heiraten, lehnt sie beim Anblick des Grafen eine Vermählung erstmal ab. Alles bloß Strategie?
Nicht nur am Schluss, wenn der Graf sich offenbart, wirkt das Verhalten der Marquise verstellt und aufgesetzt. Nachdem ihre Mutter ihr etwas ins Ohr flüstert, ist sie entrüstet und außer sich - eine Regieanweisung? Die Marquise erhält so den Anschein ihrer Unschuld und bekommt genau den Mann, den sie haben wollte. Die Marquise ist also die nur vermeintlich tugendhafte bürgerliche Heldin.
Ihr Vater, der Herr von G... gibt als Familienoberhaupt den typischen Hausvater. Doch der Patriarch und Beschützer versagt - und stellt so die Schwierigkeit und Veränderungen dieser Rolle dar.
Der Vater wird mit seinem militärischen Rang angesprochen, also Obrist oder Kommandant der Zitadelle. Im Moment des Brandes und des Angriffs macht er deutlich, dass er sich um seine militärischen Aufgaben kümmern müsse - eindeutig ein Konflikt zur Rolle des fürsorglichen Vaters. Der Vorname Lorenzo - “der mit Sieg Gekrönte” - parodiert sein klägliches Scheitern treffend: Herr von G... kann weder die Festung beschützen noch seine Tochter vor der Vergewaltigung bewahren.
Zwar ist der Obrist Wortführer beim Heiratsantrag des Grafen, jedoch muss er sich dann den Frauen fügen und sich somit “dem Russen schon zum zweiten mal ergeben”.
Um stärker seiner patriarchalischen Rolle zu entsprechen und seine Autorität zu bewahren, gibt er einen Rauswurf-Schuss ab und will seiner Tochter die Kinder wegnehmen. Es wirkt aber eher so, als habe seine Frau ihn dazu angewiesen. Als Familienoberhaupt bleibt er nicht in seiner Rolle. Wir erleben ihn feige, wutentbrannt, hilflos.
Frau von G... scheint die treibende Kraft bei allen wichtigen Entscheidungen zu sein, die in der Familie getroffen werden. Die Marquise ist auf Wunsch “ihrer würdigen Mutter” in das Haus ihrer Eltern zurückgekehrt. Sie wirkt raffiniert, benutzt Klugkeit und Verstellungskunst, ihre Ziele sind materiell und egoistisch.
Sie verhindert die schnelle Entscheidung des Vaters, was eine Ehe mit dem Grafen angeht, indem sie sich nach dem Gefühl der Tochter erkundigt. Die uneheliche Schwangerschaft findet sie nicht so schlimm wie ein Lügenmärchen. Wichtig ist ihr nur, dass nichts an die Öffentlichkeit gerät. Sie verstößt die Marquise, lässt es aber so aussehen, als sei der Vater dabei die treibende Kraft.
Die Mutter schließt den Vater vom dem Empfang des unbekannten Dritten aus und flüstert der Tochter Regieanweisungen ins Ohr. So schlagen die beiden Frauen gutes Kapital und einen höheren Stand aus der Heirat mit Graf F... .
Graf F... wird uns schon durch seinen Titel als hoher Adeliger mit militärischem Rang präsentiert. Als russischer Offizier und “Ritter eines Verdienst- und mehrerer anderer Orden” ist er “Herr eines ansehnlichen Vermögens”. Er ist nach eigener Aussage ohne Eltern und frei. Das wird nicht zuletzt durch den hohen Geldbetrag klar, den der Graf schließlich seinem Sohn schenkt.
Der Leser weiß nur das über ihn, was auch die Familie von G... weiß. Beim Retten der Marquise wird der Graf etwas zu sehr als heldenhafter Kavalier und Übermensch beschrieben. Dass dieser ein Vergewaltiger sein kann, war ungewiss.
Der Graf ist entschlossen, zielsicher und berechnend. Er begrüßt die Marquise stets wie eine Geliebte, sie lässt die Berührungen zu. Er scheint bereit zu sein, offen über die Sache zu reden, doch die Marquise “will nichts wissen”.
Der Graf von F... ist durch die Heirat Teil der Familie geworden. Und hat die Marquise und ihre Eltern in einen höheren Stand erhoben - sie ist jetzt Gräfin und hat ausgesorgt. Mit ihrem Mann und den Kindern zieht sie wieder aus der Stadt in ihr Landhaus.
Kleist kritisiert, dass die Institution Familie als “verlängerter Arm der Gesellschaft” und “moralisches Instrument” funktioniert, statt ihren Mitgliedern Rückhalt und Schutz zu bieten.
„Die Marquise von O....“ – Personenkonstellation (Kleist) Übung
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Benenne die Hauptfiguren der Novelle „Die Marquise von O....“
TippsDie Figurenkonstellation der Novelle beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Familie.
Der Forstmeister von G... spielt nur eine Nebenrolle in der Handlung.
LösungDie Personenkonstellation in Kleists Novelle „Die Marquise von O....“ ist sehr überschaubar, da sich das Ensemble im Wesentlichen auf eine Familie beschränkt.
Die Protagonistin ist die Tochter der Familie. Die Marquise von O.... ist „eine Dame von vortrefflichem Ruf“ und selbst Mutter von zwei Kindern. Sie lebt mit ihren Kindern bei ihren Eltern, dem Herrn von G... und der Frau von G.... Bei dem Forstmeister von G... handelt es sich um ihren Bruder.
Der Graf F... ist ein russischer Obristlieutenant, der die Marquise von O.... vor russischen Soldaten rettet und so in die Handlung einsteigt.
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Beschreibe die Protagonistin die Marquise von O....
TippsDie Marquise von O.... stammt nicht aus einer adligen Familie, obwohl der Titel „Marquise“ dem Adel vorbehalten ist.
Ihren Status erhielt sie von ihrem toten Ehemann.
LösungDie Marquise von O.... stammt aus einer bürgerlichen Familie, somit erhielt sie ihren Status nicht von ihrem Vater, sondern von ihrem toten Ehemann. Sie genießt einen sehr guten Ruf und ist sehr um ihn besorgt. Nach dem Tod ihres Ehemannes zog sie mit ihren zwei Kindern zu ihren Eltern. Sie ist stark abhängig vom Willen der Eltern. Vor allem der Vater fungiert als Familienoberhaupt und berät sie bei ihren Entscheidungen. Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit der Erziehung ihrer Kinder. Zu ihren Leidenschaften zählen auch die Kunst und Literatur.
Den Grafen F... lernt sie erst als „edlen Ritter“ später kennen, nachdem sie von russischen Soldaten entführt und beinahe misshandelt wird. Der Graf F... rettet sie zwar, vergewaltigt sie aber daraufhin selbst. Die Begegnung prägt die folgende Handlung.
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Bestimme die Charaktereigenschaften der männlichen Figuren der Novelle.
TippsBei dem Forstmeister von G... handelt es sich um den Bruder der Marquise. Er spielt eine Nebenrolle in der Handlung.
Manche Figuren weisen widersprüchliche Charaktereigenschaften auf, sie scheinen regelrecht zwiegespalten. Auf welche Figuren trifft dies deiner Meinung nach zu?
LösungDie Zeit, in der das Werk Kleists entstanden ist, ist geprägt von den Ideen der Aufklärung und der Französischen Revolution. Daher spielen Themen wie Forderung nach Gleichheit, Brüderlichkeit und Selbstbestimmtheit eine große Rolle.
Die männlichen Figuren der Novelle „Die Marquise von O....“ weisen unterschiedliche Charaktereigenschaften auf. Sie handeln autoritär und bestimmend, und versuchen ihrer patriarchalischen Rolle zu entsprechen. Die Soldaten sind brutal und gewalttätig. Der Graf F..., der zunächst als Retter erscheint und der Marquise wie ein „Engel“ aus der Misere hilft, entpuppt sich als ihr Vergewaltiger. Der Vater der Marquise hält sich für die Autoritätsperson, handelt aber durchaus feige und wird von seiner Frau überlistet.
Sowohl die Marquise von O.... als auch ihre Mutter versuchen sich diesen patriarchalischen Strukturen auf ihre Art und Weise zur Wehr zu setzen und sich aus diesen lösen.
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Erschließe die chronologische Reihenfolge der Handlung.
TippsDie Handlung beginnt mit dem Überfall der Zitadelle und dem Vergewaltigungsversuch durch russische Soldaten.
Anschließend wird die Marquise von dem Grafen F... gerettet und umsorgt, da sie ohnmächtig wird. Was danach geschieht, ist offen.
LösungDie Handlung der Novelle „Die Marquise von O....“ lässt sich in folgende Sinnabschnitte einteilen:
- Ausgangssituation
- Rettung und Ohnmacht der Marquise
- Der Heiratsantrag
- Die Schwangerschaft
- Die Zeitungsannonce
- Versöhnung mit den Eltern
- Heirat
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Stelle die Figuren der Novelle dar.
TippsErinnere dich an die Handlung der Novelle. Kannst du die Eigenschaften der Figuren ableiten?
Der Graf F... ist Retter und Vergewaltiger der Marquise zugleich. Nach der Vergewaltigung zeigt er aufrichtig Reue und kämpft um die Liebe der Marquise.
LösungUm die Figuren genau charakterisieren zu können, solltest du ihre Rolle in der Handlung der Novelle beachten.
Der Herr von G... versteht sich als Familienoberhaupt und hat in der Familie als Vater die größte Entscheidungsmacht. Als er erfährt, dass seine Tochter schwanger ist, wird sie von ihren Eltern verstoßen. Er veranlasst sogar, dass der Forstmeister von G..., der Bruder der Marquise, ihr die Kinder entreißt.
Die Frau von G... ist um den Ruf der Familie besorgt und handelt in erster Linie egoistisch. Deswegen möchte sie den Grafen F... als Schwiegersohn durchsetzen, obwohl sie von der Vergewaltigung weiß. Den reichen Grafen sieht sie als Chance für einen sozialen Aufstieg.
Der Graf F... zeigt nach seinem Fehler aufrichtig Reue und bittet die Marquise um Vergebung. Dabei handelt er entschlossen und zielsicher.
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Analysiere, inwieweit die Frage der Selbstbestimmung von Frauen eine Rolle in der Novelle spielt.
TippsÜberlege, welche Handlungen der Marquise fremdbestimmt und welche selbstbestimmt sind.
Der Vater der Marquise versteht sich als Familienoberhaupt und Entscheider.
LösungIm ersten Satz der Handlung führt Kleist seine/ihre LeserInnen an die Handlung heran:
„In M..., einer bedeutenden Stadt im oberen Italien, ließ die verwitwete Marquise von O..., eine Dame von vortrefflichem Ruf, und Mutter von mehreren wohlerzogenen Kindern, durch die Zeitungen bekannt machen: daß sie, ohne ihr Wissen, in andre Umstände gekommen sei, daß der Vater zu dem Kinde, das sie gebären würde, sich melden solle; und daß sie, aus Familienrücksichten, entschlossen wäre, ihn zu heiraten.“ (S. 104)
Bereits diesem Satz kann man entnehmen, dass die Marquise für ihre Zeit eine emanzipierte Frau ist: Sie bekennt sich öffentlich zu einer Schwangerschaft ohne Vater und macht bekannt, dass sie diesen heiraten möchte. Dieser erste Hinweis wird durch den Ablauf der Handlung bestätigt - sie schafft es sich nach und nach aus den patriarchalischen Strukturen zu lösen.
Quelle: Kleist, Heinrich von (1808): Die Marquise von O.... URL: https://gutenberg.spiegel.de/buch/die-marquise-von-o-1-580/1 [Abgerufen am 25.11.2019].
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Ups! mein Fehler habe sie verwechselt
Hallo Suyanthan20,
vielen Dank für deinen Kommentar. Unseres Wissens nach hatte die Marquise 2 Töchter. Möchtest du mir verraten, woher du die Information hast? Du kannst auch gern die Textstelle aus der Novelle zitieren!
Viel Spaß weiterhin beim Schauen unserer Videos.
Beste Grüße aus der Redaktion
marquise hatte keine töchter sondern söhne