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„König Ödipus“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Sophokles)

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Deutsch-Team
„König Ödipus“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Sophokles)
lernst du in der Sekundarstufe 3. Klasse - 4. Klasse

Grundlagen zum Thema „König Ödipus“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Sophokles)

In diesem Video erfährst du, dass man gesunde Augen haben und doch blind für die Wahrheit sein kann. Du lernst verschiedene Interpretationsansätze für die Tragödie um König Ödipus kennen. Nach dem Video wirst du auch wissen, wie erfolgreich das Drama in der Vergangenheit war und wie es bis in die heutige Zeit nachwirkt. Viel Vergnügen!

Transkript „König Ödipus“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Sophokles)

Sophokles: König Ödipus - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte Der eine ist uralt und blind. Der andere ist ein König, gesund und blitzgescheit. Und doch sieht der Alte mehr als der König. Der König hingegen muss sich die Wahrheit mühsam erfragen, bis er sie endlich begreift. “König Ödipus” zeichnet den Prozess einer Wahrheitsfindung nach. Ödipus will die Wahrheit erfahren, um jeden Preis. Tatsächlich wird sie ihm bereits in der ersten Szene durch den Seher Teiresias verkündet. Doch da ist Ödipus noch nicht bereit, sie anzunehmen. Zu unerhört kommt ihm der Vorwurf vor, zu sehr aus der Luft gegriffen. Er ist empört darüber, dass er der Mörder sein soll, den er sucht.

So muss Ödipus erst durch Gespräch mit anderen mehr über sich selbst erfahren, bevor er die Wahrheit wirklich sehen und akzeptieren kann. Teiresias selbst kündigt Ödipus diesen Erkenntnisprozess an: Er sagt: “Der heutige Tag wird zeugen dich – und auch vernichten!” Ödipus antwortet: “Wie alles du zu rätselhaft und dunkel sagst!” Und Teiresias fragt: “Bist demnach du der Beste nicht, um dies herauszufinden?”

„Die Wahrheit kommt ans Licht“, sagen wir auf Deutsch. Und nicht zufällig bedeutet im Griechischen das Wort a-letheia, was auf Deutsch „Wahrheit“ heißt, frei übersetzt soviel wie “Es kommt etwas ans Licht”. Dieses Wort und auch sein Gegensatz, Dunkelheit, kommen oft vor in der Szene mit dem Seher. Ebenso das griechische Verb für „zeigen“ oder „ans Licht bringen“. Der greise Seher ist blind. Was tatsächlich vor seinen Augen liegt, kann er nicht sehen. Seine Seher-Fähigkeiten werden von Ödipus verspottet. Dennoch kennt er von Anfang an die volle Wahrheit. Ödipus hingegen ist in vollem Besitz seines Augenlichts. Und nicht nur das, er hat auch einen scharfen Verstand. Doch all das nützt ihm nichts. Damit kann er nur das Äußere sehen. Er erfasst nicht die ganze Wahrheit. Während Teiresias also blind ist, aber Dinge sieht, die im Verborgenen liegen, ist Ödipus das genaue Gegenteil: sehend zwar, und doch auf seine Art blind der Wahrheit gegenüber. Nach und nach dringt Ödipus vom Schein zum Sein vor. Er kommt seiner eigenen Identität auf die Spur. Bisher erschien er als großer König, als Held, als Retter. Nun muss er merken, dass er seinen eigenen Vater erschlagen und seine Mutter geheiratet hat. Als Ödipus diese Wahrheit erkennt, will er nicht länger sehen können. Er nimmt sich selber das Augenlicht, das ihm doch nichts half, um die Wahrheit zu sehen. “König Ödipus” zeigt auch den Prozess einer Reinigung. Warum, fragst du dich? Am Anfang ist die Stadt Theben krank. Das Orakel sagt, dass jemand die Stadt beschmutze. Dieser Beschmutzer ist Ödipus. Seine Tat, der Vatermord, hat die Stadt befleckt. Sie ist unrein geworden durch ihn. Indem Ödipus sich auf Spurensuche begibt, kommt er dem „Schmutz“ nach und nach auf die Schliche. Als er sich selbst als Befleckten erkennt, will er auch an sich selbst die Strafe angewandt wissen. So reinigt sich die Stadt Theben von Ödipus, indem sie ihn auf seinen eigenen Wunsch hin verbannt. Und Ödipus selbst ist gereinigt durch das Wissen, das er nun über sich hat: Er sieht klar.

Bei ihrer Uraufführung zu Sophokles Zeiten hat diese Tragödie über Wahrheitsfindung und Reinigung zwar nicht den ersten Preis im Dichterwettkampf des Dionysos-Festes erhalten. Doch bereits Aristoteles hat hundert Jahre später König Ödipus immer wieder als Musterbeispiel einer griechischen Tragödie zitiert. Bis heute ist sie das geblieben: ein Klassiker unter den Dramen, ja, eine der bedeutendsten Tragödien der Weltliteratur. Die Figur des Ödipus hat allein im Theater unzählige Bearbeitungen erlebt, zum Beispiel durch Seneca, Hugo von Hofmannsthal oder Jean Cocteau. Auch in der Prosa schimmert der Ödipus-Mythos selbst in der zeitgenössischen Literatur noch durch. Zum Beispiel in Max Frischs Roman “Homo Faber”. König Ödipus ist Anfang des 20. Jahrhunderts auch in die Wissenschaft der Psychologie eingegangen. So wurde er zum Namensgeber für den durch Sigmund Freud begründeten Ödipus-Komplex.

Ödipus ist vom Sehenden zum Blinden geworden, da er sich die Augen ausgestochen hat. Gleichzeitig ist er vom Blinden zum Sehenden geworden. Erst hat er nichts begriffen. Am Ende aber erkennt er sich selbst und die Wahrheit. Ist bei dir in Bezug auf “König Ödipus” jetzt auch Licht ins Dunkel gekommen?

1 Kommentar
  1. Das beste komentar Viodio

    Von Fam Merwerth, vor etwa 8 Jahren
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