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Metastabile Systeme

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Lerntext zum Thema Metastabile Systeme

Metastabile Systeme in der Chemie

In der Chemie bezieht sich der Begriff „metastabil“ auf ein System, das sich in einem scheinbar stabilen Zustand befindet, aber nicht im stabilsten möglichen Zustand ist. Um metastabile Systeme zu verstehen, müssen wir uns die Konzepte der Thermodynamik, der freien Enthalpie, sowie die Unterschiede zwischen stabilen und metastabilen Zuständen genauer ansehen.

Thermodynamik und freie Enthalpie

Die Thermodynamik beschäftigt sich mit den Gesetzen von Energie und Wärme. Ein zentrales Konzept ist die freie Enthalpie (auch Gibbs-Energie, $\Delta G$ ), die bestimmt, ob ein Prozess spontan abläuft oder nicht. Eine Reaktion läuft bei konstanter Temperatur und konstantem Druck nur dann spontan ab, wenn die freie Enthalpie abnimmt ($\Delta G<0$). Die freie Enthalpie $\Delta G$ setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: der Enthalpie ($H$) und der Entropie ($S$). Die Enthalpie stellt die gesamte Wärmeenergie, die in einem System enthalten ist, dar. Die Entropie wird oft als ein Maß für die Unordnung eines Systems beschrieben. Doch was bedeutet das eigentlich?

Exkurs: Was ist Entropie veranschaulicht?

Entropie besagt, wie wahrscheinlich ein bestimmter Zustand ist. Der Zustand mit den meisten Umsetzungsmöglichkeiten tritt am ehesten ein – dieser Zustand wird oft als unordentlich beschrieben. Um die Entropie zu veranschaulichen, nutzen wir ein einfaches Modell: zwei Kammern und vier Kugeln.

Mögliche Verteilungen der Kugeln:

  • Alle Kugeln in Kammer 1 (4, 0): eine Möglichkeit

  • Drei Kugeln in Kammer 1, eine Kugel in Kammer 2 (3, 1): vier Möglichkeiten

  • Zwei Kugeln in jeder Kammer (2, 2): sechs Möglichkeiten

Die Verteilung (2, 2) hat die höchste Anzahl an Kombinationen (6), was bedeutet, dass unser System am unordentlichsten und die Entropie in diesem Fall am größten ist. Dies zeigt, dass bei gleichmäßiger Verteilung die Entropie maximal ist. Fazit: Teilen wir nun unser Zimmer in zwei Teile auf, führt die Entropie dazu, dass in jedem Teil des Raums gleich viele Gasteilchen sind. Dies liegt daran, dass es für diesen Zustand die meisten Umsetzungsmöglichkeiten gibt, was durch den gleichmäßigen Druck im gesamten Zimmer belegt wird. Dies ist ein grundlegendes Prinzip der Thermodynamik und erklärt, warum Systeme in der Natur dazu neigen, in einen Zustand maximaler Entropie überzugehen.

Freie Enthalpie $G$

Die freie Enthalpie wird durch folgende Gleichung beschrieben: $\Delta G = \Delta H - T \Delta S$ Dabei ist $T$ die absolute Temperatur (in Kelvin).

Stabile und metastabile Zustände

Ein stabiler Zustand ist der energetisch günstigste Zustand eines Systems. In einem stabilen Zustand hat die freie Enthalpie ein Minimum erreicht, was bedeutet, dass keine spontane Veränderung des Systems mehr stattfindet, da jede Veränderung die freie Enthalpie erhöhen würde. Ein metastabiler Zustand hingegen ist ein Zustand, der energetisch gesehen nicht der absolut günstigste ist, aber dennoch für eine gewisse Zeit stabil erscheint. Das bedeutet, dass das System in diesem Zustand verharren kann, da es eine Energiebarriere (Aktivierungsenergie) überwinden müsste, um in den stabilen Zustand überzugehen. Das System kann in einem metastabilen Zustand verharren, manchmal sogar für sehr lange Zeiträume.

Das Minimum der freien Enthalpie

Ein einfaches Beispiel für stabile und metastabile Zustände lässt sich anhand eines Graphen der freien Enthalpie darstellen. Auf der y-Achse wird die freie Enthalpie G und auf der x-Achse der Reaktionsfortschritt aufgetragen. Der stabile Zustand entspricht dem globalen Minimum des Graphen, während ein metastabiler Zustand einem lokalen Minimum entspricht. Das System muss eine energetische Barriere (Aktivierungsenergie EA) überwinden, um vom metastabilen Zustand in den stabilen Zustand zu gelangen.

Potentialkurve.png

Entropie und Enthalpie in metastabilen Systemen

Die Konzepte der Entropie und Enthalpie sind entscheidend, um das Verhalten metastabiler Systeme zu verstehen. Ein metastabiler Zustand könnte beispielsweise eine hohe Entropie haben, aber eine etwas höhere Enthalpie im Vergleich zum stabilen Zustand, was ihn thermodynamisch weniger günstig macht. Dennoch kann das System aufgrund einer hohen Aktivierungsenergie in diesem Zustand verharren.

Beispiele metastabiler Systeme

In der Natur finden sich viele Beispiele für metastabile Zustände. Ein bekanntes Beispiel ist Diamant. Unter normalen Bedingungen ist Diamant metastabil, während Grafit, eine andere Form von Kohlenstoff, einen stabileren Zustand darstellt. Trotzdem bleibt Diamant im metastabilen Zustand, da die Energiebarriere für die Umwandlung in Grafit extrem hoch ist. Ein weiteres Beispiel sind übersättigte Lösungen. In einer übersättigten Lösung ist die Konzentration eines gelösten Stoffs höher als im Gleichgewichtszustand. Die Lösung bleibt jedoch metastabil, bis eine Störung – wie das Hinzufügen eines Kristallisationskeims – den Übergang in den stabileren, gesättigten Zustand auslöst.

Zusammenfassung zum Thema Metastabile Systeme

  • Metastabile Systeme sind Zustände, die stabil erscheinen, aber nicht den energetisch günstigsten Zustand darstellen.
  • Sie spielen eine wichtige Rolle in der Chemie und Thermodynamik und können aufgrund der hohen Aktivierungsenergie in diesem Zustand verharren.
  • Das Verständnis der freien Enthalpie, der Entropie und der Enthalpie ist entscheidend, um die Eigenschaften und das Verhalten metastabiler Systeme zu verstehen.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Metastabile Systeme

Was ist der Unterschied zwischen einem stabilen und einem metastabilen Zustand?
Wie hängt die freie Enthalpie mit metastabilen Zuständen zusammen?
Warum bleibt Diamant metastabil und wandelt sich nicht sofort in Grafit um?
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Metastabile Systeme Übung

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  • Benenne die Variablen in der Gibbs-Helmholtz-Gleichung.

    Tipps

    Die Anzahl der realisierten Mikrozustände ist vergleichbar mit einem Maß für Unordnung bzw. Ordnung.

    $\Delta G$ hat die Einheit: $\left[ kJ/mol \right]$.

    Lösung

    Die Gibbs-Helmholtz-Gleichung ist eine fundamentale Gleichung der Thermodynamik, die der Beurteilung dient, ob ein Vielteilchenprozess freiwillig (endergon) oder nicht freiwillig (exergon) abläuft.

    $\Delta G~=~\Delta H~-~T~\cdot~\Delta S$

    • $\Delta H$ beschreibt die Enthalpieänderung [$J/mol$] beim Übergang von Zustand 1 in Zustand 2 ($\Delta H = H_2 - H_1$). Die Enthalpieänderung beschreibt die Reaktionswärme bzw. die Prozesswärme, die bei konstantem Druck aber veränderlichem Volumen frei wird bzw. aufgenommen wird.
    • $\Delta S$ beschreibt die Entropieänderung [$J/(mol \cdot K)$] beim Übergang von Zustand 1 in Zustand 2. Die Entropie beschreibt die Anzahl der Mikrozustände (z.B. Orientierung vom Spin oder Energie pro Atom), die in dem Makrozustand (Beschreibung durch z.B. Temperatur, Druck, innere Energie, Magnetisierung) realisiert werden können. Sie kann auch als Maß für Ordnung bzw. Unordnung betrachtet werden, wobei mit steigender Ordnung (z.B. Reaktion von drei Ausgangsmolekülen zu einem Reaktionsprodukt) die Entropie abnimmt.
    • $T$ ist die absolute Temperatur [K] und $\Delta G$ ist die freie Gibbs-Enthalpie [$J/mol$]. Die freie Gibbs-Enthalpie charakterisiert den Verlauf von Reaktionen. Durch Variation der Temperatur kann unter Umständen der Verlauf der Reaktion gesteuert werden.
  • Beurteile den Verlauf der Reaktion anhand nachfolgender Angaben.

    Tipps

    Nebenstehendes Diagramm veranschaulicht die Enthalpieänderung bei einer endothermen Reaktion.

    Lösung

    Mithilfe der Gibbs-freien Enthalpie aus der Gibbs-Helmholtz-Gleichung ($\Delta G = \Delta H - T \cdot \Delta S$) kann aus den Werten für die Enthalpie- und Entropieänderung der Verlauf von Reaktionen beurteilt werden.

    a.) $\Delta H < 0$ und $\Delta S < 0$

    • Wenn die Enthalpieänderung kleiner Null ist, so wird Reaktionswärme frei, d.h. die Reaktion verläuft exotherm.
    • In Abhängigkeit von der Temperatur wird $\Delta G$ entweder kleiner oder größer als Null, d.h. in Abhängigkeit von der Temperatur kann die Reaktion freiwillig, spontan (exergonisch) oder unfreiwillig (exergon) ablaufen.
    b.) $\Delta H > 0$ und $\Delta S < 0$
    • Die Enthalpieänderung hat einen positiven Wert, deswegen verläuft die Reaktion endotherm, ist allerdings bei jeder Temperatur endergonisch ($\Delta G > 0$).
    c.) $\Delta H < 0$ und $\Delta S > 0$
    • Diese exotherme Reaktion ist für alle Temperaturen exergonisch (läuft freiwillig ab, $\Delta G < 0$).
    d.) $\Delta H > 0$ und $\Delta S > 0$
    • Diese endotherme Reaktion ist in Abhängigkeit von der Temperatur entweder endergonisch oder exergonisch.
    e.) $\Delta G = 0$
    • Dieses System befindet sich im Gleichgewichtszustand.

  • Erkläre das Phänomen von unterkühltem Wasser.

    Tipps

    Durch Impulsübertragungen wird Energie ungewandelt.

    Glas ist ebenfalls ein metastabiles System als unterkühlte Schmelze.

    Lösung

    Unterkühlung ist ein Begriff der Thermodynamik, der die Absenkung der Temperatur einer Flüssigkeit unter den Gefrierpunkt beschreibt, ohne dass diese dadurch erstarrt. Im Alltag ist dieser Effekt auch als unterkühlte Schmelze bekannt, wobei Glas ein weiteres Beispiel dafür ist. Eine unterkühlte Flüssigkeit hat bei gegebenem Druck und gegebener Temperatur einen anderen Aggregatzustand als der, der aus dem Phasendiagramm ablesbar ist. In diesem Fall ist das Wasser trotz einer Temperatur unter 0°C bei Normaldruck flüssig und nicht fest.

    Ursachen für unterkühltes Wasser sind fehlende Kristalle oder Schmutzpartikel, die notwendig sind, damit das Eis daran kristallisieren kann. Diese Partikel dienen als Kristallisationspunkt. Durch Erschütterungen (z.B. das Auftreffen auf den Boden) bewegen sich die Wassermoleküle stärker und treffen auf Kristallisationskeime. Dadurch erstarrt das Wasser schlagartig, weil die Schmelzenthalpie frei wird. Die Schmelzenthalpie ist eine Art innere Energie, die das unterkühlte System in sich trägt. Wenn diese frei wird, kommt es zur Ausbildung von Kristallen. Daher spricht man bei der Unterkühlung von einem metastabilen Zustand des Stoffes.

  • Bezeichne die verschiedenen thermodynamischen Zustände von Cyclohexan.

    Tipps

    Die Halbsessel-Konformation ist ein sehr kurzlebiger Übergangszustand.

    Lösung

    Zustände bzw. chemische Verbindungen, die unverändert bestehen können, werden als stabil bezeichnet. Bei einem geschlossenem thermodynamischen System mit zwei energetischen Minima ist der Zustand höherer Energie der metastabile Zustand.

    Im Falle des Cyclohexans ist die Twisted-Form jeweils ein metastabiler Zustand. Die gezeigte Potentialkurve ist symmetrisch, weil mit der Kurve der Reaktionsweg der Umlagerung einer Sesselkonformation zur anderen veranschaulicht wird, wobei die Umwandlung über jeweils zwei energetisch gleiche Übergangszustände (Halbsessel-Form) verläuft (z.B. bei 1-Methylcyclohexan würden sich beide Übergangszustände unterscheiden).

    Als instabile Zustände werden im Allgemeinen solche bezeichnet, bei denen in alle Reaktionswegrichtungen eine Umwandlung in Zustände mit geringerer Energie (oder höherer Entropie) stattfindet (Maxima der Kurve oder Punkte, an denen $\Delta G > 0$ ist).

    Ein quasistabiler Zustand (Wannen-Form) ist ein instabiler Zustand, an dem gleichzeitig eine Hin- und Rückreaktion stattfinden kann, weil die beiden metastabilen Zustände (Twisted-Form) die gleiche freie Enthalpie haben.

  • Nenne Vorgänge, durch die ein metastabiler Zustand in einen stabilen Zustand überführt werden kann.

    Tipps

    Um einen metstabilen Zustand in einen stabilen Zustand zu überführen, muss die Aktivierungsenergie überwunden werden.

    Ein stabiles System ist beispielsweise ein Salzkristall.

    Lösung

    Um einen metastabilen Zustand in einen stabilen zu überführen, muss die Aktivierungsenergie ($E_A$) überwunden werden. Dazu dienen folgende Methoden:

    • Zufuhr von Energie: Erwärmen, mechanische Erschütterung, Belichtung
    • Veränderungen am System: Zusatz von Kristallisationskeimen, Aufkonzentrieren, Zugabe von Adsorptionsmitteln
    • Veränderung vom Reaktionsweg: Zusatz von Katalysator, Stabilisierung vom Übergangszustand (instabiler Zustand)
  • Berechne die Aktivierungsenergie einer Verbrennungsreaktion.

    Tipps
    Lösung

    Die Arrhenius-Gleichung beschreibt die Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit(skonstanten) von der Temperatur.

    Über Ermittlung der Reaktionsraten in Abhängigkeit von der Messtemperatur kann die Aktivierungsenergie eines Systems über lineare Regression bestimmt werden.

    • $k = A \cdot \exp \left( -\frac{E_A}{R \dot T}\right) ~~\left| ln() \right.$
    • $\ln (k) = \ln (A) - \frac{E_A}{R \cdot T}$
    Im Diagramm ist auf der Abszisse der Zusammenhang (1/T) aufgetragen und auf der Ordinate ln(K). Damit lässt sich erkennen, dass ln(A) den Achsenabschnitt (n) und der Term ($E_A$/R) den Anstieg (m) der Geraden (y = mx + n) beschreibt. Um die Aktivierungsenergie zu bestimmen, muss damit der Anstieg mit der universellen Gaskonstante (R) multipliziert werden:

    • $E_A = 825,05~K \cdot 8,3145~\frac{J}{mol \cdot K}$,
    • $E_A = 6859,88~\frac{J}{mol}\equiv 6,86~\frac{kJ}{mol}$.
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